Der Trinkkönig
Schon dreimal, kraft des Königthums,
Hat laut mein Glas geklopfet!
Seid eingedenk des alten Ruhms!
Getrunken, nicht getropfet!
Man kann vor weisem Plauderschall
Die Ordnung kaum erhalten!
So schweigt, und trinkt! Was hilft denn all
Mein Schalten und mein Walten!
Ha, wüßt’ ich, wer mein Volk empört;
Er sollte schwer mir büßen!
Den Fuß des Glases umgekehrt,
Wollt’ ich voll Weins ihm gießen!
Dann spräch’ ich ernst mit tiefem Baß
Den Richterspruch: Das leer’ er!
Heut’ Abend giebts kein grades Glas,
Ruchloseseter Empörer!
Der Weisheitspfleg’ entsagt ihr nun,
Und seht verschämt und reuig?
Versprecht, es nimmer mehr zu thun!
Dann, Kinderchen, verzeih’ ich!
Was soll das wüste Schulgeschrei,
Wo Wein und Gläser blinken?
Das läßt ja uns den Kopf nicht frei!
Beim Trinken muß man trinken!
Johann Heinrich Voß. In: Musenalmanach für 1800. Von Johann
Heinrich Voß. Der lezte. Neustrelitz: Ferdinand Albanus [1799],
S. 107f.