Der gute Wirt
Schenkt, ihr Lieben, schenkt doch ein!
Nippt mir nicht so kläglich!
Zwar kein Nektar ist der Wein,
Aber ganz erträglich!
Rasch, der Wirtin Wein geehrt,
Und die Flaschen ausgeleert!
Traulich auf ein schmal Gericht
Seid ihr eingeladen;
Auf ein freundlich Angesicht,
Und auf diesen Fladen!
Hält man nur den Fladen feucht;
Dann verdaut und schläft man leicht!
Ohne Scherz, der Wein ist gut!
Spület flugs hinunter!
Ach wie süß man darauf ruht!
Auch erwacht man munter!
Hat nur keine Nachbarin
Aufgestürmet Herz und Sinn!
Leit’ aus ihrem Sturm, du Glas
Uns zum stillen Hafen!
Schöne Nachbarin, o Laß,
Laß uns ruhig schlafen!
Träumen soll das Herz dafür
Auch die ganze Nacht von dir!
Ihr, als Gäste guter Art,
Kamt nicht her um Atzung!
Mann und Weiblein, schöngepaart,
Kennt die Tafelsatzung:
„Daß du, zwischen Lust und Ernst,
„Lernend lachst, und lachend lernst!“
Johann Heinrich Voß: Der gute Wirt (1794). Erstdruck in:
Musen-Almanach fürs Jahr 1796. Herausgegeben von Johann
Heinrich Voß. Hamburg: Carl Ernst Bohn [1795], S. 193-196
Hier entfliegt kein Wort zu spiz,
Abgezielt auf Ärger;
Harmlos spielet jeder Wiz,
Selbst der Nürenberger
Ohne Mustrung wird geliebt,
Was nur brav zu lachen giebt!
Was, ob fern ein Blaffer blaft,
Ob ein Flunkrer flunkert!
Was, ob fern ein Pfaffe pfaft,
Und ein Junker junkert!
Legt auch selbst der Hahn ein Ei;
Uns ist alles einerlei!
Käme nur das Ungethüm
Einst in unsre Mitte;
Eingeschärft würd’ eilig ihm
Beßre Menschensitte!
Menschensitte lautet so:
„Lebt wie Brüder, gut und froh!“
Nun noch eins zu guter Lezt
Für die müden Lungen!
Frisch hinein, unabgesezt!
Und mit Kraft gesungen:
Gute Nacht! ja gute Nacht!
Schelm sei, wer am längsten wacht!