Scene aus einer ungedruckten
ernsthaften Oper der Bleydecker genannt.
Juchhey! Juchhey! Da steh' ich, Leute
Euch allen übern Kopf,
Vom Magistrat beordert, heute
Zu festen diesen Knopf!
Die Dohlen und die Eulen kucken
Mir ehrerbietig zu,
Und hämische Gespenster spucken
Um mich, und rufen: Buh!
Ruft nur! Ihr sollt mich doch wohl lassen!
Ich fest' hier im Beruf!
Prost, Kobolt! Hör nun auf zu spaßen,
Du mit dem Pferdehuf!
Juchhey! Ich leere diese Flasche
Aufs Wohl der ganzen Stadt!
Glück, hoch wie dieser Thurm, erhasche
Sie und den Magistrat!
Juchhey! Wie ist mir so behaglich!
Mir schwindelt's recht im Kopf!
Doch in der That ists etwas waglich,
Zu stehn auf diesem Knopf.
[Die Musik geht einige Takte allein, und drückt
Verwunderung aus.]
Entstanden: 1775.
Erstdruck in: Musen Almanach für 1778, herausgegeben von Joh.
Heinr. Voß. Hamburg: Carl Ernst Bohn [1777], S. 36-38.
Vertonung von Johann Friedrich Reichardt in: Musen Almanach
für 1778, herausgegeben von Joh. Heinr. Voß. Hamburg: Carl
Ernst Bohn [1777], S. 32-36. Hier die Noten.
Potztausend! Potztausend! Mich dünkt gar, ich falle!
Mir flattert der Kittel! – Wahrhaftig! ich falle!
Ich armer Bleydecker! Was that ich dir, Sturm?
Du wirfst ja den armen Bleydecker vom Thurm!
Ihr Dohlen! Ihr Eulen! wie bin ich erschrocken!
Noch tiefer? Noch tiefer? Dort hängen die Klocken!
Noch tiefer? Nun komme der Kobolt, und helf!
Potztausend! der Zeiger weist eben halb zwölf!
Nun Ziegel! Nun Fenster! Ich bin zu beklagen!
Was werden die Leut' auf dem Kirchhofe sagen?
Macht Plaz da! der Bleydecker kommt mit Gebraus!
Und geht gesund und frisch zu Haus.
Ahorn [=Johann Heinrich Voß].